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Rotspanier und die Interbrigadisten

Die Übertragung Ihrer Erfahrungen Durch Die Erzählung Der Familie.

 

Die Bildung der Internationalen Brigaden war eine Reaktion auf den internationalen Aufruf, die Spanische Republik gegen den Vormarsch des Faschismus zu verteidigen. Freiwillige aus aller Welt, inspiriert von Idealen der internationalen Solidarität, schlossen sich zusammen, um für die Sache der Republik zu kämpfen, und blieben von Oktober 1936 bis zu ihrer Auflösung am 28. September 1938, kurz vor dem Ende des spanischen Bürgerkriegs im Jahr 1939, in Spanien.
Eine den österreichischen Brigadeangehörigen gewidmete Gedenktafel im Erinnerungsraum der Gedenkstätte Dachau bringt uns das Wiedersehen zwischen den spanischen Deportierten und den Brigadeangehörigen näher. Dieses Wiedersehen war für die Spanier eine unschätzbare Hilfe, die sie während der Zeit ihrer Deportation begleitete. Die Sprachbarriere war ein großes Hindernis für ihre Täter.

Als Präsidentin des Spanischen Vereins Amical Dachau hat Cristina Cristóbal eine Kooperation mit der Österreichischen KZ-Gemeinschaft Dachau geschlossen, um gemeinsam am 5. Juni 2024 im Cervantes-Institut in München das Gesprächskolloquium „Rotspanier und die Interbrigadisten: die Weitergabe ihrer Erzählungen an die nächste Generation.”
Bei dieser Veranstaltung ging es darum, die verschiedenen Familienerzählungen zu teilen und weiterzugeben, die uns das Leben von drei nach Dachau deportierten Menschen näher brachten: Ferdinand Berger, Alois Peter und Fermín Cristóbal. Drei Leben mit einer Parallelgeschichte, die im Spanischen Krieg begann und mit ihrer Deportation nach Dachau endete.

 

First706D.tmpFelipe Santos,Cristina Cristóbal, Ernst berger, Eva Friedler, Carlos Collado Seidel Foto: Instituto Cervantes de Múnich (2024)

Die Veranstaltung wurde vom Direktor des Cervantes-Instituts in München, Herrn Felipe Santos, eröffnet, es nahmen Frau Cristina Cristóbal, Dr. Eva Friedler und Dr. Ernst Berger teil, wobei Professor Dr. Carlos Collado Seidel die Vorträge und die Diskussion moderierte.

Cristina sprach über ihren Großvater Fermín Cristóbal López präsentierte Fotos seiner Familie und ihre bewegenden Worte lösten Emotionen in uns aus ...

…Die Angst vor dem Vergessen und das Schweigen waren die treibende Kraft, die mich dazu gebracht hat, nach meiner Erinnerung zu suchen, mich der Weitergabe der Familienerfahrung zu nähern, über die Weitergabe der Erinnerung bei den Opfern nachzudenken und mich selbst zu fragen: in den unterschiedlichen Familienerzählungen, wie ähneln sie sich, wie unterscheiden wir uns?

…In meiner Familie herrschte Stille… eine Stille voller Leere, voller Schmerz und Unbekanntem in Bezug auf den Verbleib meines Großvaters, von dem nur bekannt war, dass er am 19. Juli 1936 seine Heimat, seine Familie verlassen musste , seine Freunde, seine Arbeit..., einige Briefe aus den französischen Internierungslagern und eine Bescheinigung des Roten Kreuzes, die seinen Tod am 8. Februar 1945 in Dachau meldete. So wuchs ich inmitten von Bildern auf, der Präsenz meines Großvaters in meiner Fantasie und der Angst vor Vergeltung.

…Meine Familie vermittelte mir mit ihrer Lebensweise den Respekt für andere, den Wert des Engagements, das freie Denken, die Liebe zum Lesen und Kultur als Recht …

 

secondE74A.tmpCristina Cristóbal, Ernst Berger, Carlos Collado Seidel Foto: Instituto Cervantes de Múnich (2024)

 

Ernst Berger und Eva Friedler führten einen Dialog, in dem sie verschiedene Texte ihrer Eltern lasen, die ihre Erfahrungen als Brigademitglieder und die Schwierigkeiten widerspiegelten, die sie bei der Rückkehr in ihr Land nach der Befreiung 1945 hatten.

thirdim73E3.tmpErnst Berger, Eva Friedler, Carlos Collado Seidel Foto: Eva Friedler

 

Ernst Berger begann mit den Worten seines Vaters Ferdinand Berger: „Solidarität ist eine der Hauptwaffen im Kampf für die Befreiung der Arbeiterklasse. Spanien bot die Möglichkeit, internationale Solidarität in die Praxis umzusetzen und wurde so zu einer großen Schule des Proletariats.“

 

Ferdinant Berger8BEC.tmpZweiter von links Ferdinand Berger (Spanienarchiv des DÖW)

 

In einem Interview hatte Ferdinand Berger über seinen Einsatz als Interbrigadist berichtet: „Ich bin zu meinem ersten Einsatz nach Valencia gekommen und wurde der Flak-Batterie Dimitroff zugeteilt. Die Batterie ist in einem Orangenhain gestanden und ich habe zum ersten Mal in meinem Leben frische Orangen vom Baum gegessen. Am nächsten Morgen sind wir nach Barcelona gefahren und auf dem Montjuic stationiert worden. … Eine große Zahl italienischer Bomber hat uns angegriffen und ich hörte zum ersten Mal das Pfeifen fallender Bomben … Der nächste Einsatzort lag für 10 Tage bei Teruel und danach wieder am Mittelmeer, wo die Front aber gegen die Franco-Truppen nicht mehr zu halten war. … Das war etwa im April 1938. Etwa 2 Monate später wurden wir von Valencia per Schiff nach Barcelona gebracht und demobilisiert. Von dort gingen wir ohne Waffen zu Fuß zur französischen Grenze. Als wir einige Tage später die Grenze nach Frankreich überschritten prophezeite uns André Marty, dass nicht nur wir sondern auch noch unsere Kinder für unseren Kampf in Spanien verfolgt werden würden.“

Eva Friedler sprach über die Situation ihres Vaters Alois PETER, der bereits in der
bürgerkriegsähnlichen österreichischen Situation 1934 verhaftet wurde. 1936 ist er von der Polizei gesucht worden. So erschien ihm die Solidarität mit den spanischen Kämpfern bei den Internationalen Brigaden wichtig und als eine sinnvolle Aufgabe!

AloisPeter2199.tmpAlois PETER: 2.Reihe; Erster von links im Lager Gurs Spanienarchiv des DÖW

 

Nach dem Ende des spanischen Krieges wurde er in verschiedenen südfranzösischen Lagern inhaftiert.
Von dem Lager LE Vernet kam er dann ins KZ- Dachau, wo er die Befreiung erlebte!

1998 in einem Interview von Stepanek Friedrich (Fachbereichsarbeit aus Geschichte und Sozialkund am Akademischen Gymnasium Innsbruck) wollte mein Vater über die Kämpfe in Spanien nichts sagen. “Aber übers Schlachten, übers Schießen und Töten will ich nicht reden.” Das Schweigen, nicht reden war in meiner Familie die hervorherrschende Kommunikation! Erst meiner Tochter, seiner Enkelin konnte mein Vater mehr erzählen! Mit ihr fand auch der erste Besuch in Dachau statt.
Er betonte den Zusammenhalt der österreichisch -spanischen Interbrigadisten in Dachau „Wir hatten einen guten Ruf im Feld und auch bei der SS;.. Jedenfalls wurden wir als gute Soldaten respektiert. Und wir blieben auch zusammen im Lager.”

Die Übertragung der Erinnerung ist eine Gelegenheit, heutige Generationen auf die schändlichen Momente unserer jüngsten europäischen Geschichte aufmerksam zu machen, um ihre Wiederholung zu verhindern und gemeinsame Erfahrungen zwischen den Mitgliedern des Internationalen Komitees von Dachau-CID zu machen.
Es ist eine Hommage an alle Menschen, die Opfer der Deportation in die Konzentrations- und Vernichtungslager der Nazis waren.

Cristina Cristobal, Eva Friedler, Ernst Berger

 

 

 

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